Veröffentlicht in ASEAN News am 29.10.2020
ASEAN-Reihe: Indonesien
In Folge des seit Anfang 2018 anhaltenden Handelskrieges zwischen den USA und China, steigender Produktionskosten, eines volatilen Geldmarktes und schon lange bestehender wirtschaftlicher Einschränkungen entscheiden sich immer mehr Unternehmen dafür Ihre Produktion ganz oder zum Teil nach Südwest Asien – in die ASEAN-Region zu verlegen.
Im Rahmen unserer wöchentlichen Reihe, stellen wir dieses Mal Indonesien vor.
Indonesien hat 2019 großzügige Steueranreize für bestimmte Unternehmen eingeführt.
Wie weitreichend sind sie und was bedeutet diese für Investoren?
Im Juni 2019 gab die indonesische Regierung die Regierungsverordnung GR 45/2019 heraus, die eine Reihe von Steueranreizen für Unternehmen vorsieht, die in arbeitsintensive Industrien, Ausbildungsprogramme sowie Forschung und Entwicklung (F&E) investieren.
Die Anreize sollen ausländische Direktinvestitionen (FDI) fördern, die Anzahl qualifizierter Arbeitskräfte erweitern, die lokale Industrie und Infrastruktur weiterentwickeln.
Investitionen in arbeitsintensive Industrien
Unternehmen, die in arbeitsintensive oder Pionierindustrien investieren oder expandieren, können sich über eine Nettoeinkommensreduzierung von 60 Prozent ihrer Gesamtinvestitionen in Sachanlagen freuen, dies umfasst auch alle Grundstücke, die für Geschäftsaktivitäten genutzt werden.
Das Industrieministerium definiert eine arbeitsintensive Industrie als eine Industrie, die mindestens 200 Arbeitskräfte beschäftigt und deren Arbeitskosten nicht mehr als 15 Prozent der Produktionskosten betragen, während die Pionierindustrie als eine Industrie definiert wird, die für die umliegenden Gebiete wirtschaftliche Folgen mit Mehrwert hat.
Ausländische Investoren können diese neuen Anreize - zusammen mit der Produktionsbasis des Landes, den wettbewerbsfähigen Arbeitskosten und dem großen Verbrauchermarkt - nutzen, um in Indonesien Stützpunkte für Schlüsselsektoren wie Textilien und Bekleidung, Rohstoffe und Dienstleistungen zu errichten.
Größere ausländische Direktinvestitionen in arbeitsintensive Industrien werden Arbeitsplätze schaffen und zur Verbesserung der bestehenden Infrastruktur und des Geschäftsökosystems beitragen - Unternehmen, die jetzt investieren, können auch von einem First-Mover-Vorteil profitieren.
Investition in Ausbildungsaktivitäten
Investoren, die Ausbildungsprogramme oder Trainingsaktivitäten zur Entwicklung von Arbeitnehmern auf der Grundlage „bestimmter Kompetenzen“ starten möchten, können eine Bruttoeinkommensreduzierung von bis zu 200% der anfallenden Gesamtkosten erhalten. Die Verordnung definiert bestimmte Kompetenzen als die Entwicklung von Mitarbeitern, die den von nationalen Industrien und Unternehmen benötigten Arbeitskräftebedarf decken können.
Dieser Anreiz ist besonders vorteilhaft für ausländische Unternehmen, die einen qualifizierten Arbeitskräftepool aufbauen oder die Effizienz ihrer Betriebe verbessern müssen oder wollen. In der Zwischenzeit werden Unternehmen, die bereits im Land ansässig sind und regelmäßige Schulungen der lokalen Arbeitskräfte durchführen, vor allem diejenigen in der High-End-Fertigung, wie z.B. in der Automobilproduktion und Elektronik, davon profitieren.
Dieser Anreiz wird wahrscheinlich die Nachfrage nach Berufsausbildung erhöhen, was weitere nachgelagerte Möglichkeiten für Investoren bietet. Sprachkurse zum Beispiel sind sehr gefragt, da Studenten und Fachkräfte bestrebt sind, sich die Sprachkenntnisse anzueignen, die für den Wettbewerb in der heutigen globalen Wirtschaft erforderlich sind.
Darüber hinaus werden auch die Bereiche Gastgewerbe und IT immer beliebter, da viele Sekundarschulen nicht über die Fähigkeiten verfügen, die Studenten auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Das Land hat auch einen dringenden Bedarf an verantwortungsvollen Lehrern, eine weitere Möglichkeit für ausländische Investitionen in die berufliche Bildung.
Forschung & Entwicklung (F&E)
Steuerzahler, die sich an F&E-Initiativen beteiligen, können eine Steuererleichterung von 300% in Form einer Bruttoeinkommensreduzierung der entstandenen Gesamtkosten erhalten. Um dies in Anspruch nehmen zu können, muss der Steuerzahler Forschung und Entwicklung betreiben, die nach Einschätzung (d.h. Einzelprüfung) der Regierung die nationale Wirtschaft, neue Industrien und Technologien oder den Transfer ausländischer Technologie an lokale Unternehmen fördert.
Dieser Anreiz soll mehr Unternehmen dazu ermutigen, Innovationen zu generieren und sich auf mehr Hochtechnologieindustrien und -produkte zu verlagern, sei es die Entwicklung spezialisierter Gewebeausrüstungen oder neue landwirtschaftliche Anbaumethoden. Diese Art von Innovation ist eine Notwendigkeit für expandierende Industrien.
Indonesien als Investitionsziel
Die erheblichen politischen Anstrengungen der letzten Jahre spiegeln sich in den meisten Statistiken wider, so belegte Indonesien Platz 40 im IMD „World Competitiveness Ranking 2019“ (DE=17), welche das nationale Wettbewerbsumfeld einschätzt . In der Rangliste „Ease of Doing Business 2019” (d.h. der Einfachheit Geschäfte zu machen) wurde Indonesien von Platz 91 auf Platz 73 hochgestuft.
Die oben genannte Regierungsverordnung GR45/2019 verfolgt ehrgeizige Ziele. Trotz Chinas Position als führender Hersteller von Waren hat sich die Situation durch den Handelskrieg und der sich eintrübenden chinesischen Wirtschaft verschlechtert, viele multinationale Unternehmen sahen sich dazu veranlasst, ihre Betriebe ganz oder zu einen Teil davon auf Märkte in Südostasien, wie zum Beispiel Indonesien, zu verlagern.
Dieser „China plus eins“-Ansatz ermöglicht es ausländischen Unternehmen nicht nur in China, sondern Global, ihre Produktionsstrategien zu diversifizieren und sich gegen Makroökonomische und politische Risiken zu schützen. Indonesien hat sich zu einem führenden Produktionsstandort in der ASEAN-Region entwickelt und hat sich durch niedrige Betriebskosten zu einem Investitionsziel für Unternehmen entwickelt, die diese Strategie anwenden.
Im Vergleich zu China ist vor allen Dingen der freie Kapitalfluss von Vorteil, den Unternehmern wird ermöglicht die indonesische Rupiah frei zu handeln, im Allgemeinen ist die Ein- und Ausfuhr von Devisen unbegrenzt möglich, Gewinne können ohne Beschränkungen ins Ausland abgeführt werden.
Seit 2005 ist darüber hinaus der Schutz vor willkürlicher Enteignung und die Gleichbehandlung indonesischen und deutscher Kapitalanlagen durch einen bilateralen Staatsvertrag garantiert.
Es bleiben jedoch noch einige Herausforderungen, wenn Indonesien die Vorteile des sich wandelnden Handels- und Investitionsumfelds in Asien in vollem Umfang nutzen möchte. Während das Land seine wissensbasierte Wirtschaft entwickelt und sich in der Wertschöpfungskette nach oben bewegt, herrscht in den wachsenden Industrien des Landes neben den technologischen und infrastrukturellen Herausforderungen auch ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.
Wirtschaftliche Regelungen wie die Verordnung GR45/2019 werden darauf abzielen, bedeutende ausländische und inländische Privatinvestitionen anzuziehen, um diese Probleme zu lösen und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes auf der globalen Bühne zu erhöhen.