Veröffentlicht in ASEAN News am 12.10.2020
ASEAN-Reihe: Vietnam
In unserer ASEAN Reihe für mögliche alternative Standorte für diversifizierte Asien-Geschäfte stellen wir diesmal Vietnam als Standort vor.
Dies ist gerade für EU Unternehmen besonders interessant, da die Vietnamesische Nationalversammlung das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Sozialistischen Republik Vietnam am 8. Juni 2020 ratifizierte, nachdem die EU dies bereits am 31. März 2020 getan hatte. Das Abkommen tritt zum 1. August 2020 in Kraft und fällt damit auch in die derzeit heiße Phase der wirtschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen den USA und China.
Es fällt mit dem umfassenden Partnerschafts- und Kooperationsrahmenabkommen zwischen Vietnam und der EU zusammen, das die Wirtschafts- und Investitionsbeziehungen vertiefen wird. Damit erhält Vietnam neben Waren und Dienstleistungen auch Kapital und Technologie aus Europa.
Die mit dem Freihandelsabkommen verbundene Zollfreiheit betrifft sowohl Importe als auch Exporte von Waren und Dienstleistungen. Das Freihandelsabkommen beinhaltet die Abschaffung von 99 % aller Zölle auf Warenlieferungen zwischen der EU und Vietnam. 71 % der Einfuhrzölle auf vietnamesische Produkte fallen sofort mit Inkrafttreten des Abkommens weg. Die restlichen 29 % der Zölle werden in den nächsten sieben Jahren abgeschafft.
Vietnam verzichtet ab dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens auf 65 % aller Einfuhrzölle auf europäische Waren. Europäische Exporteure können die verschiedenen zollfreien Produkte der Liste mit dem Übergangsfristen entnehmen. Im Gegenzug verzichtet die EU auf Einfuhrzölle für Produkte wie:
• Elektroartikel
• Kaffee
• Meeresfrüchte
• Möbel
• Reis
• Schuhe
• Telefonsets
• Textilien und Bekleidung
Die Verhandlungsparteien haben sich darüber hinaus auf gemeinsame Standards im Arbeitsrecht, Umweltschutz und der sozialen Entwicklung geeinigt. Mit der Bewilligung freier Gewerkschaften, dem Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit sowie Vorgaben zu Klimaschutz und Artenschutz sollen die Vereinbarungen dafür sorgen, dass sich die vietnamesischen Hersteller auch an EU-Standards halten.
Hier finden Sie den Guide zum Abkommen (Englisch) zwischen den Handelspartnern.
Auch im globalen Kontext hat die Neugestaltung der globalen Lieferketten Vietnam im Vergleich zu anderen ASEAN-Ländern weitgehend begünstigt. Vietnam bietet wettbewerbsfähige Kosten, niedrige Löhne, eine entwickelte Infrastruktur und Steueranreize für zahlreiche Industriezweige. Die Kombination dieser Faktoren sowie die Nähe des Landes zu China hat es dem Land ermöglicht, ohne weitere Anreize zum Hauptgewinner des Handelskrieges zwischen den USA und China aufzusteigen.
Dennoch ist die Regierung bestrebt, die Geschäftstätigkeit in Vietnam weiter zu erleichtern und profitabler und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes nachhaltiger zu gestalten. Kürzlich erließ die Regierung einen Erlass, der Wissenschafts- und Technologieunternehmen eine Vorzugsbehandlung gewährt, die von Körperschaftssteuersenkungen und -befreiungen bis hin zu Kreditanreizen und Befreiungen oder Ermäßigungen bei Pachtgebühren für Land- und Wasserflächen reicht. Darüber hinaus räumt die Regierung Investitionen in IT mit Arbeits- und Steueranreizen Vorrang ein.
Die Regierung kündigte auch einen Plan zur Privatisierung staatseigener Unternehmen an, in dessen Rahmen bis Ende 2020 Hunderte von Unternehmen mit staatlichem Kapital ausgestattet und veräußert werden sollen. Dieser Schritt stellt eine Chance für Investoren in Sektoren wie Land- und Forstwirtschaft dar, in denen Vietnam aufgrund der niedrigen Arbeitskosten einen komparativen Vorteil gegenüber seinen ASEAN-Nachbarn hat.
Was die Sonderwirtschaftszonen (SEZs) betrifft, so hat Vietnam begonnen, seine Politik der Entwicklungszonen auszuweiten, und diese Zonen bieten ihre eigenen Anreize, von freien Zöllen bis hin zu niedrigen Einkommenssteuern für Privatpersonen.
Guide to the EU-Vietnam Trade and Investment Agreements [english]